Um Investoren eine bessere Beurteilung des Erfolges von Akquisitionen zu ermöglichen, schlägt das International Accounting Standards Board (IASB) im Entwurf „Unternehmenszusammenschlüsse – Anhangangaben, Geschäfts- oder Firmenwert und Wertminderung“ (ED/2024/01) Änderungen an IFRS 3 und IAS 36 vor. Ziel des Entwurfs ist es, eine verbesserte Informationslage über Unternehmenszusammenschlüsse bei angemessenem Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Anleger zu schaffen. Insbesondere sollen die Beweggründe des Managements im Akquisitionszeitpunkt sowie die anschließende Performance von Akquisitionen transparenter werden.
Vorgeschlagene Änderungen an IFRS 3:
Zielsetzung:
Die Änderungen an IFRS 3 sollen dazu führen, dass Unternehmen transparenter über ihre Akquisitionen und die nacherwerbliche Entwicklung von Akquisitionen berichten. Hierbei sollen Unternehmen, insbe-sondere für als strategisch eingestufte Unternehmenszusammenschlüsse, detaillierte Informationen zu Akquisitionszielen, erwarteten Synergien, und deren Erreichungsgrad offenlegen.
Vorgeschlagene Änderungen:
1. Offenlegung von Akquisitionszielen
Die Erwerbsunternehmen müssen künftig detailliertere Informationen über den erwarteten Nutzen einer
wesentlichen Akquisition offenlegen. Dazu gehören:
- Strategische Beweggründe für den Erwerb.
- Beschreibung wie der Erwerber die Beherrschung des erworbenen Unternehmens erlangt hat.
- Erwartete Synergien aus der Zusammenlegung, aufgegliedert nach Umsatz-, Kosten- und ande-ren Synergien. Für jede Kategorie sind die geschätzten Synergien sowie die zu deren Erzielung erwarteten Kosten und die voraussichtliche Dauer anzugeben.
- Weitere Angaben sollen die Prognostizierbarkeit der zukünftigen finanziellen Performance ver-bessern.
Unwesentliche Erwerbe werden weiterhin nach den allgemeinen Wesentlichkeitsgrundsätzen der IFRS behandelt, wobei nur aggregierte Finanzinformationen angegeben werden müssen, sofern sie aus Sicht des Konzerns insgesamt wesentlich sind.
2. Zusatzvorschriften für strategische Unternehmenszusammenschlüsse
Für „strategische Unternehmenszusammenschlüsse“ hat das IASB zusätzliche Offenlegungsvorschriften vorgeschlagen. Diese beinhalten:
- Die wichtigsten langfristigen Zielsetzungen und Sollvorgaben zum Erwerbszeitpunkt, die den Er-werber veranlasst haben, den Kaufpreis zu zahlen.
- Kurz- bis mittelfristige operative Ziele des spezifischen Erwerbs.
- Informationen zur Erreichung dieser Zielsetzungen und Sollvorgaben im Jahr des Erwerbs sowie in folgenden Berichtszeiträumen, einschließlich der tatsächlichen Performance-Maße und des Grades der Zielerreichung (Monitoring der tatsächlichen Performance und der Zielerreichung).
Der IASB begrenzt die Verpflichtung zur Berichterstattung auf zwei Jahre, um die Relevanz der Angaben zu wahren, da das erworbene Unternehmen nach einigen Perioden oft nicht mehr vergleichbar ist. Die Angaben können in Form von Wertespannen oder Punktschätzungen gemacht werden.
3. Ausnahmeregelung für vertrauliche und wettbewerbssensitive Informationen
Bestimmte Informationen müssen nicht offengelegt werden, wenn deren Veröffentlichung ernsthaft die Akquisitionsziele gefährden könnte. Die Beeinträchtigungen müssen jedoch spezifisch begründet werden, allgemeine Befürchtungen von Wettbewerbsnachteilen oder negativen Kapitalmarktreaktionen reichen nicht aus. Gegebenenfalls können Informationen auch auf einer höheren Aggregationseben bereitgestellt werden.
Vorgeschlagene Änderungen an IAS 36:
Zielsetzung:
Die Änderungen an IAS 36 sollen dazu führen, die Durchführung von Werthaltigkeitstests zu vereinfa-chen und die Aussagekraft der Ergebnisse zu verbessern. Dies soll durch eine konzeptionelle Vereinfa-chung der Ermittlung des Nutzungswerts sowie einer Präzisierung der Anforderungen zur Allokation ei-nes Geschäfts- oder Firmenwerts auf zahlungsmittelgenerierende Einheiten erreicht werden.
Vorgeschlagene Änderungen:
1. Keine Wiedereinführung der planmäßigen Abschreibung des Goodwill
Trotz kontroverser und intensiver Diskussionen folgt der IASB damit der Ansicht des Financial Accounting Standard Boards (FASB), der im Jahr 2022 ein ähnliches Projekt zur Wiedereinführung beendet hat. Der Impairment-Only Approach wird somit weiterhin beibehalten, d.h. Durchführung eines jährlichen Impair-ment-Tests.
2. Zuordnung des Goodwill zu zahlungsmittelgenerierenden Einheiten (CGUs)
Ein wesentlicher Problembereich des Impairment-Only Approach ist der sog. Shielding Effekt. Dieser
Effekt impliziert, dass eine Wertminderung durch Definition einer zu hohen Testebene vermieden wer-den kann, indem „gute“ Geschäfts- oder Firmenwerte „schlechte“ Geschäfts- oder Firmenwerte „quersubventionieren“. In Folge werden Wertminderungen des Geschäfts- oder Firmenwerts zu spät bzw. in zu geringem Umfang festgestellt. In der Praxis werden Geschäfts- oder Firmenwerte oftmals nicht aktiv überwacht, sondern lediglich die Unternehmen bzw. Geschäftseinheiten, denen sie zugeordnet sind.
Um dieser Problematik entgegenzuwirken, wurden in IAS 36 klarstellende Änderungen aufgenommen, die die standardkonforme Allokation des Geschäfts- oder Firmenwerts verdeutlichen sollen. Danach müs-sen Erwerber die niedrigste CGU-Ebene bestimmen für die Finanzinformationen vorliegen, die regelmä-ßig zur Überwachung des mit dem Goodwill verbundenen Geschäfts genutzt werden. Diese können sich von denjenigen unterscheiden, die zur Überwachung der Performance der Akquisition, die den Goodwill verursacht hat, insgesamt herangezogen werden. Zudem ist geregelt, dass die (hoch aggregierte) Ebene der Geschäftssegmente als maximal zulässiges Niveau anzusehen ist, welches erst nach Anwendung der niedrigeren Ebene in Betracht gezogen werden darf. Diese Klarstellung soll künftig verhindern, dass Un-ternehmen den Goodwill routinemäßig Segmenten zuweisen, um dadurch systematisch den „Shielding“-Effekt zu maximieren. Die CGU muss tatsächlich von den Synergien des Erwerbs profitieren.
3. Anpassung der Nutzungswertermittlung
Der Entwurf sieht vor, die bisher bestehenden Restriktionen in IAS 36 hinsichtlich der Einbeziehung von Cashflows aus unverbindlichen zukünftigen Restrukturierungen oder Verbesserungen im Rahmen der Nutzungswertermittlung aufzuheben. Bisher war es nicht möglich, Verbesserungen der einen Geschäfts oder Firmenwert tragenden Einheit zu unterstellen oder Restrukturierungen zu berücksichtigen, zu denen sich das Unternehmen (noch) nicht endgültig verpflichtet hatte. Dies hat den Vorteil, dass die eigentliche Management-Prognose der Cashflows für die Berechnung des Nutzungswerts nach IAS 36 nicht mehr angepasst werden müssen. Außerdem ist das IASB in dem Entwurf zu dem Entschluss ge-kommen, dass die Abgrenzung zwischen (nicht zu eliminierenden) Erhaltungsinvestitionen und (verbote-nen) Erweiterungsinvestitionen im Einzelfall nicht trivial ist.
Zudem soll die Anforderung entfallen, den Nutzungswert auf Vorsteuerbasis zu ermitteln. Dies betrifft sowohl die Cashflow-Ermittlung als auch den jeweiligen Abzinsungssatz. Die Anpassung der Vorschrift steht damit im Einklang mit der realen Praxis, die geht zur Ableitung der relevanten Abzinsungssätze Kapitalmarktdaten von Peer-Group-Unternehmen verwendet werden, die ebenfalls auf Nachsteuer- Größen beruhen.
Fazit:
Die vorgeschlagenen Änderungen an IFRS 3 und IAS 36 zielen darauf ab, die Transparenz und Beurteil-barkeit von Akquisitionen zu verbessern, werden jedoch weitgehend als faktische Wahlrechte angesehen. Grundsätzlich könnten die Änderungen die Transparenz und die Qualität der Erwerbsberichterstattung erhöhen und den Abschlussnutzern bessere Informationen zur Performance-Analyse liefern.
Die geplanten Änderungen am Werthaltigkeitstest nach IAS 36, insbesondere die Präzisierung der Test-ebene und die Erleichterungen bei der Berechnung des Nutzungswerts, werden als wenig wirkungsvoll eingeschätzt. Sie könnten nur geringe Effekte haben und ändern wenig an der Problematik, dass Ab-schreibungen oft zu spät und in zu geringer Höhe vorgenommen werden. Insgesamt werden die Ände-rungen keine radikale Verschärfung der Goodwill-Wertminderungsprüfung erwarten lassen. Der IASB hat Kosten-Nutzen-Aspekte berücksichtigt und keine drastischen Maßnahmen wie die Rückkehr zur planmä-ßigen Abschreibung getroffen.
Die Kommentierungsfrist für den Entwurf endete am 15.07.2024. Von Seiten des IASB erfolgte bislang keine Rückmeldung bzgl. dem weiteren Vorgehen. Daher bleibt abzuwarten, ob die vorgeschlagenen Änderungen entsprechend diesem Entwurf eingeführt werden und ab wann die Änderungen Auswirkung auf die jährliche Berichtserstellung und den Wertminderungstest nach IAS 36 haben. Für die Berichtserstellung sowie den Wertminderungstest ergeben sich für das Jahr 2024 vorerst keine Veränderungen.
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Jürgen Baur | Partner, Steuerberater
Dr. Henriette Burkhardt-Böck | Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin
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