Tipps von Experten zur Risikovermeidung bei gewerblichen Bestandsimmobilien.
Gewerberaummietverträge bergen aufgrund ihrer Komplexität und Langfristigkeit ein erhebliches Umsatzsteuerrisiko. Dieses Risiko wird durch Gesetzesänderungen sowie zahlreiche Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) zu umsatzsteuerlichen Fragen im Rahmen von Immobilienvermietungen erhöht, die teilweise zur bestehenden Finanzverwaltungsauffassung divergieren.
Hinzu kommt, auch bei Immobilienerwerbenden ist die aktuelle Rechtsprechung zur umsatzsteuerlichen Behandlung zu berücksichtigen (zum Beispiel BFH-Urteil vom 5. Dezember 2024). Die im Folgenden dargestellten Punkte verdeutlichen, wie wichtig es ist, bei bestehenden Mietvertragsregelungen sowie Zahlungsmodalitäten mögliche umsatzsteuerliche Konsequenzen stets im Blick zu behalten.
Zum 1. Januar dieses Jahres wurde in Deutschland eine E-Rechnungspflicht für nationale B2B-Umsätze eingeführt. Unternehmerinnen und Unternehmer sind infolgedessen verpflichtet, die Ausstellung von Rechnungen in einem strukturierten elektronischen Format schrittweise bis 2028 umzusetzen.
Insbesondere im Bereich der gewerblichen Vermietung erfolgt die Abrechnung häufig über sogenannte Dauermietrechnungen, bei denen der Mietvertrag in der Regel als Rechnung gilt. Künftig müssen jedoch auch Dauerrechnungen den neuen gesetzlichen Anforderungen zur E-Rechnungsstellung entsprechen, wodurch die Nutzung des Mietvertrags als Rechnung praktisch entfällt.
Um eine monatliche Erstellung von E-Rechnungen zu vermeiden, sieht das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. Oktober 2024 daher vor, eine einmalige E-Rechnung auszustellen, in welcher der zugrunde liegende Mietvertrag als Anhang aufgenommen wird. Beide Dokumente zusammen gelten dann gemäß § 31 Absatz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) als ein einziges Rechnungsdokument. Änderungen an der ursprünglichen E-Rechnung sind nur erforderlich, wenn sich die umsatzsteuerrechtlichen Rechnungspflichtangaben ändern (zum Beispiel bei einer Mieterhöhung). Für vor dem
1. Januar 2027 als sonstige Rechnungen ausgestellte Dauermietrechnungen gibt es grundsätzlich keine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung.
Mietnebenleistungen sind nach Ansicht der Finanzverwaltung regelmäßig keine eigenständigen Leistungen, sondern umsatzsteuerliche Nebenleistungen zur (steuerfreien) Vermietung. Am 17. Juli 2024 entscheid hingegen der BFH, dass es sich bei der Lieferung von Mieterstrom um eine selbstständige umsatzsteuerpflichtige Leistung handelt, welche die Vermieterin oder den Vermieter zum Vorsteuerabzug aus den diesbezüglichen Eingangsleistungen (beispielsweise der Erwerb einer Photovoltaik- Anlage) berechtigt.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die Mieterin oder der Mieter den Stromanbieter frei wählen kann sowie die Strommenge nach dem individuellen Verbrauch abgerechnet wird. Im Gegensatz dazu betrachtet der BFH (Urteil vom 7. Dezember 2023) die Wärmelieferung als unselbständige Nebenleistung zur Vermietung, da die Vermieterin oder der Vermieter im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs grundsätzlich zur Wärmeversorgung verpflichtet ist. Der Vorsteuerabzug für die Anschaffung einer Heizungsanlage ist für die Vermieterin oder den Vermieter in dem Fall daher ausgeschlossen.
Zudem urteilte der BFH am 17. August 2023, dass abweichend von seiner bisherigen Rechtsprechung
sowie der bestehenden Finanzverwaltungsauffassung die Verpachtung von Betriebsvorrichtungen steuerfrei sein kann, wenn sie eine Nebenleistung zur steuerfreien Grundstücksvermietung darstellt. Damit ist das in § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG enthaltene nationale Aufteilungsgebot grundsätzlich nachrangig im Verhältnis zum Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung. Künftig ist daher eine Einzelfallprüfung erforderlich: Liegt eine einheitliche Leistung vor, bestimmt die Hauptleistung, ob die gesamte Leistung als steuerfrei (Grundstücksvermietung als Hauptleistung) oder steuerpflichtig (Überlassung von Betriebsvorrichtungen als Hauptleistung) zu behandeln ist.
Besteht hingegen keine einheitliche Leistung, gilt das Aufteilungsgebot des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG, so dass der auf die (nicht optierte) Vermietung des Grundstücks entfallende Entgeltanteil steuerfrei und der auf die Vermietung der Betriebsvorrichtung entfallende Entgeltanteil steuerpflichtig ist.
Dr. Benjamin Riedel | Partner, Rechtsanwalt
Eileen Danner | Senior Managerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Sonntag & Partner
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