TAX TUESDAY: Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft

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Worum geht’s?

Der BFH hat sich in einem aktuellen Beschluss mit der Frage beschäftigt, ob bestimmte gesellschaftsrechtliche Maßnahmen – insbesondere disquotale Kapitalzuführungen – zu steuerpflichtigen Schenkungen unter Mitgesellschaftern führen können. Im Zentrum steht die Auslegung von § 7 Abs. 8 ErbStG, der die sogenannte „Mitgesellschafter-Schenkung“ regelt.

Was bedeutet das konkret?

Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt.

Die Vorschrift fingiert eine Schenkung des Leistenden an den mittelbar oder unmittelbar beteiligten (Mit-)Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil durch die Leistung eine Werterhöhung erfährt. Dabei sind gerade disquotale Kapitalzuführungen erfasst, also Zuführungen, die nicht im Verhältnis zum Gesellschafteranteil stehen.

Voraussetzung für eine solche Werterhöhung ist, dass der gemeine Wert des Anteils des Bedachten nach der Leistung des Zuwendenden an die Gesellschaft den gemeinen Wert des Anteils vor der Leistung übersteigt.

Die Finanzverwaltung unterstellt in diesen Fällen regelmäßig eine unentgeltliche Zuwendung, sofern keine Gegenleistung der Mitgesellschafter erfolgt.

Entscheidung des BFH

Im Beschluss vom 06. Juni 2025 (Az. II B 43/24) äußert der BFH ernstliche Zweifel daran, ob eine disquotale Kapitalzuführung, vorliegend in Form einer Einlage, automatisch zu einer steuerpflichtigen Schenkung führt.

Grundsätzlich erfüllt die Kapitalzuführung zwar die genannten Voraussetzungen des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG. Der BFH führt nun aber aus, dass eine individuelle Vereinbarung, die die anderen Gesellschafter von der Kapitalzuführung ausschließt, eine Schenkung unmöglich macht, da keine unentgeltliche Bereicherung erfolgt. Damit ist beispielsweise eine schuldrechtliche Vereinbarung gemeint, welche die in die Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellten Beträge in der Weise gesellschafterbezogen zuordnet, dass in Fällen der Auflösung oder Liquidation der geleistete Betrag nur den Gesellschaftern zusteht, die die Leistung ursprünglich erbracht haben. Ob die Wirksamkeit einer solchen gesellschafterbezogenen Zuordnung eine satzungsmäßige Grundlage erfordert, ist in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt.

In der Literatur wird dagegen vertreten, dass für eine solche Zuordnung eine schuldrechtliche Vereinbarung ausreichend ist. Etwas anderes kann sich aber in Fällen ergeben, wenn ein Dritter einen Gesellschaftsanteil erwirbt. Hier kommt es auf den Einzelfall an. Am Ende müssen die nicht leistenden Gesellschafter von einer Werterhöhung ausgeschlossen sein.

Der BFH betont in seinem Beschluss, dass eine differenzierte Betrachtung notwendig ist und pauschale Annahmen nicht ausreichen. Die bloße Tatsache, dass die Gesellschaft durch die Leistung eines Gesellschafters wirtschaftlich gestärkt wird, genügt nicht für die Annahme einer Schenkung. Vielmehr muss konkret im jeweiligen Einzelfall festgestellt werden, ob und in welchem Umfang sich der gemeine Wert der Anteile anderer Gesellschafter tatsächlich erhöht hat – und ob diese Werterhöhung auf die Leistung des Zuwendenden zurückzuführen ist. 

Was heißt das für die Praxis?

Gerade bei disquotalen Zuführungen zum Zweck von Investitionen oder Erwerbsvorgängen ist eine vorausschauende steuerliche und gesellschaftsrechtliche Strukturierung unerlässlich.

Besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass keine faktische Vermögensmehrung bei den übrigen Gesellschaftern erfolgt – etwa durch uneingeschränkten Zugriff auf die Mittel oder fehlende Rückführungsvereinbarungen. Die klare und eindeutige Ausgestaltung von Gesellschafterbeschlüssen und Verträgen, aber auch die entsprechende Bilanzierung ist dabei entscheidend. 

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Christian Schöler
Partner
Steuerberater

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