Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist derzeit eine Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 804/22) anhängig, die sich gegen die erbschaft- und schenkungsteuerliche Privilegierung von Unternehmensvermögen richtet. Eine Entscheidung ist noch für das Jahr 2025 angekündigt und könnte die Begünstigungen für Unternehmensvermögen kippen. Ob in diesem Jahr aber tatsächlich ein Urteil ergeht, ist unsicher.
Die aktuellen erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen ermöglichen es, Unternehmensvermögen unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise erbschaft- und schenkungsteuerfrei zu übertragen. Für nicht unternehmerisches Vermögen, wie beispielsweise Bankguthaben oder Wertpapiere, gelten diese Begünstigungen nicht. Gegen diese Ungleichbehandlung wendet sich die Verfassungsbeschwerde Az. 1 BvR 804/22. Inhaltlich geht es also im Wesentlichen um die Frage, ob es verfassungswidrig ist, dass Privatvermögen voll besteuert wird, während in Bezug auf das Unternehmensvermögen eine Überbegünstigung vorliegen soll.
Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch den BFH gegen das erstinstanzliche Urteil des Finanzgerichts Münster richtet, so dass im Erfolgsfall das Verfahren zunächst wieder an den Bundesfinanzhof zurückverwiesen würde. Es wird jedoch in Teilen der Fachwelt erwartet, dass das BVerfG auch bereits im aktuellen Verfahren die Verfassungswidrigkeit der Privilegierung für Unternehmensvermögen selbst prüft und entscheidet.
Dabei reicht die Bandbreite der möglichen Entscheidungen von der Bestätigung des Status quo bis zu einer sofortigen Nichtigkeitserklärung der verfassungswidrigen Vorschriften. Vielfach wird erwartet, dass das BVerfG für den Fall, dass es die aktuellen Begünstigungsregelungen als verfassungswidrig beurteilt, dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung setzt. Bis zum Ablauf dieser Übergangsfrist würde das bisherige Recht anwendbar bleiben.
Der Ausgang der Entscheidung des BVerfG ist nicht vorhersehbar. Die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen für Unternehmensvermögen könnten komplett entfallen bzw. nur noch für eine kurze Übergangsfrist anwendbar sein. Die Ausgestaltung etwaiger Folgeregelungen durch den Gesetzgeber ist derzeit völlig offen, es dürfte aber angesichts der aktuellen politischen Diskussionen eher zu Steuerverschärfungen kommen.
Unternehmer sollten sich daher zeitnah mit der Nachfolgeplanung auseinandersetzen. Dabei ist zu bedenken, dass die Unternehmensnachfolge je nach Umfang und Komplexität des unternehmerischen Vermögens einen erheblichen zeitlichen Vorlauf benötigt. Dabei sind neben steuerlichen Erwägungen in der Regel auch unternehmerische, familiäre und rechtliche Belange einzubeziehen, zu besprechen und zu lösen.
Die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigungen für Unternehmensvermögen stehen nach einer vergleichsweise stabilen Phase erneut auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Auch in der Politik rückt eine Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer aufgrund der Haushaltslage und der Diskussionen um eine gerechte Lastenverteilung wieder in den Fokus. Daher gilt es, nicht weiter abzuwarten, sondern die Unternehmensnachfolge zeitnah anzugehen und überlegt umzusetzen.
Barbara Gayer | Partnerin, Rechtsanwältin, Steuerberaterin
Bernd Hoch | Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater
Christian Schöler | Partner, Steuerberater