TAX TUESDAY: Neue Rechtsprechung zur erweiterten Kürzung und Drei-Objekt-Grenze bei erstmaligen Grundstücksveräußerungen im sechsten Jahr

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Worum geht’s?

Viele Unternehmen und Privatpersonen investieren in Grundstücke als Teil ihrer Vermögensverwaltung. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass der Verkauf dieser Grundstücke nicht als gewerblicher Grundstückshandel qualifiziert wird. Ein solcher gewerblicher Handel führt dazu, dass bestimmte steuerliche Vorteile entfallen, die im Rahmen der reinen Vermögensverwaltung gewährt wurden. Der BFH hat hierzu die sogenannte Drei-Objekt-Grenze entwickelt. Überschreitet man diese Grenze, besteht die Gefahr, als gewerblicher Grundstückshändler eingestuft zu werden.

Was bedeutet das konkret?

Nach der typisierenden Drei-Objekt-Grenze kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, wenn innerhalb von fünf Jahren mehr als drei Objekte veräußert werden. Hierbei werden jedoch nur (Zähl-)Objekte mitgerechnet, bei denen zwischen der Anschaffung oder Bebauung einerseits und deren Verkauf anderseits ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht. Ein enger zeitlicher Zusammenhang wird i.d.R. dann angenommen, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als fünf Jahre liegen.

Bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze wird bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder des Baubeginns eine bedingte Veräußerungsabsicht unterstellt. Diese bedingte Veräußerungsabsicht kann jedoch widerlegt werden, wenn objektive Umstände vorliegen, die gegen eine von Beginn an vorliegende Veräußerungsabsicht sprechen. Somit würde trotz Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegen.

Umgekehrt kann der gewerbliche Grundstückshandel jedoch auch ohne Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze vorliegen, wenn besondere Beweisanzeichen hinzutreten. Dies kann beispielsweise bei einer hohen Zahl von Veräußerungen kurz nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums oder bei einer hauptberuflichen Tätigkeit im Baubereich der Fall sein.. Auch vorbereitende Maßnahmen zur Veräußerung innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraum haben eine Indizwirkung für das Vorliegen einer Veräußerungsabsicht.

Folge des gewerblichen Grundstückshandels ist für Privatinvestoren, dass ein Veräußerungsgewinn auch außerhalb der zehnjährigen (Spekulations-)Frist des § 23 EStG zu versteuern ist und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert werden. Zudem sind bei gewerblichen Investoren die Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht mehr durch die sog. „erweiterte Gewerbesteuerkürzung“ nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG von der Gewerbesteuer befreit.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat mit Beschluss vom 20.03.2025 (III R 14/23) entschieden, dass eine Gesamtwürdigung der Umstände erforderlich ist, um zu beurteilen, ob bei Grundstücksveräußerungen nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums eine Veräußerungsabsicht bereits bei Erwerb bestanden hat.

In der bisherigen Rechtsprechung wurde vertreten, dass die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung grundsätzlich unerheblich für die Beurteilung sind, ob die Veräußerungen gewerblich sind oder nicht. Die Indizwirkung, welche bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums eintritt, kann durch den Veräußerungsanlass nicht erschüttert werden. Laut dem III. Senat bezieht sich dies jedoch nur auf Veräußerungen von mehr als drei Objekten innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums.

Bei dem vorliegenden Fall handelt es sich aber um Veräußerungen außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums. Nach Auffassung des Senats durfte in diesem Fall der konkrete Veräußerungsanlass berücksichtigt werden. Spricht der Veräußerungsanlass gegen das Vorliegen einer bedingten Veräußerungsabsicht im Erwerbszeitpunkt, müssten zusätzlich besondere Umstände hinzutreten, die erkennen lassen, dass eine baldige Veräußerung der Objekte bereits im Erwerbszeitpunkt geplant war. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn während des maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraums seit Erwerb bereits Maßnahmen zur Vorbereitung einer Veräußerung getroffen werden. Diese Frage musss stets für den jeweiligen Einzelfall geprüft und beantwortet werden.

Was heißt das für die Praxis?

Grundsätzlich ist eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls erforderlich, um zu beurteilen, ob bei Grundstücksveräußerungen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Hierbei sind Umstände und Veräußerungsanlässe, die darauf hindeuten, dass ursprünglich keine Veräußerung geplant war, zu berücksichtigten, wenn die Veräußerung außerhalb des Fünfjahreszeitraums erfolgt ist. Aufgrund der weitreichenden Folgen eines gewerblichen Grundstückhandels muss jedoch weiter stets Vorsicht gewahrt werden, ob im Einzelfall das Risiko eines gewerblichen Grundstückshandels besteht und ggf. eine verbindliche Auskunft eingeholt werden.

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