Substanzielle Gewinnausschüttungen können im Rahmen der Wegzugsbesteuerung nach aktueller Rechtslage zu einer anteiligen Versagung der Steuerstundung oder aber einer Einschränkung des Entfalls des Steueranspruchs im Falle einer Rückkehr des Steuerpflichtigen führen.
Die bereits durch den Gesetzgeber vorgenommene Ausweitung der Anwendung bei substanziellen Gewinnausschüttungen auf Altfälle hinsichtlich der nach alter Rechtslage gewährten Stundung möchte das BMF nunmehr auch auf die Rückkehrregelung in Altfällen ausweiten.
Im Rahmen der sog. Wegzugsbesteuerung kommt es für wesentliche Kapitalgesellschaftsbeteiligungen (mind. 1% an in-/ausländischer Gesellschaft) in Fällen der Aufgabe der unbeschränkten Steuerpflicht oder einer Beschränkung bzw. Verlust des deutschen Besteuerungsrechts regelmäßig zu einer fiktiven Veräußerungsgewinnbesteuerung.
Mit Wirkung ab 01.01.2022 wurde die Vorschrift des § 6 AStG neugefasst und wesentlich verschärft, wonach insbesondere keine sog. Ewigkeitsstundungen mehr für Wegzüge in EU/EWR-Staaten möglich sind. Die festgesetzte Steuer kann auf Antrag in sieben gleichen Jahresraten entrichtet werden; die Stundung erfolgt im Regelfall nur gegen Sicherheitsleistung. Sofern der Steuerpflichtige innerhalb von sieben (bzw. 12) Jahren nach dem Wegzug in Deutschland wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird, entfällt der Steueranspruch gem. § 6 Abs. 3 AStG. Man spricht daher auch von der sog. Rückkehrregelung.
Seit der Neuregelung sind diverse Missbrauchstatbestände vorgesehen, die den Entfall des Steueranspruchs insoweit verhindern. So wird die Steuer gem. § 6 Abs. 3 Nr. 2 AStG u.a. erhoben, soweit in der Zeit nach Wegzug (substanzielle) Gewinnausschüttungen erfolgten oder eine Einlagenrückgewähr erfolgte, deren gemeiner Wert insgesamt mehr als 25% des gemeinen Wertes der Anteile zum Zeitpunkt des Wegzugs beträgt. Dies gilt entsprechend für bereits gewährte Stundungen. Durch die Regelung sollen insbesondere Gestaltungen vermieden werden, bei denen die Kapitalgesellschaft nach dem Wegzug „leergeschüttet“ werden.
In Folge des Mindestbesteuerungs-Richtlinien-Umsetzungsgesetzes wurde die Schädlichkeit von substanziellen Gewinnausschüttungen durch die Anwendungsnorm des § 21 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AStG auch auf sog. „Altfälle“ ausgeweitet. Seither führen substanzielle Gewinnausschüttungen auch dann zum Widerruf der bisherigen (EU/EWR-)Stundung, wenn der Wegzug bereits vor dem 01.01.2022 erfolgte – dies jedoch nur, sofern die Ausschüttung oder Einlagenrückgewähr nach dem 16.08.2023 vorgenommen wurde. Eine Ausweitung der Rückwirkung im Falle einer Rückkehr des Steuerpflichtigen sah das Gesetz nicht vor.
Mit BMF-Schreiben vom 22.04.2025 erfolgte nunmehr eine zusätzliche Ausweitung, wonach der Entfall des Steueranspruchs auch für Rückkehrfälle mit Wegzug vor dem 01.01.2022 ausgeschlossen sei, sofern nach dem 16.08.2023 substanzielle Gewinnausschüttung erfolgt sind bzw. erfolgen.
Demnach besteht künftig besondere Vorsicht und ggf. weitere Planungsnotwendigkeit bei relevanten Gewinnausschüttungen, sofern ein oder mehrere Gesellschafter der Wegzugsbesteuerung unterliegen. Gestaltungsansätze können sich ggf. durch (zeitlich) inkongruente Gewinnausschüttungen ergeben, welche zuletzt durch BMF-Schreiben vom 04.09.2024 grundsätzlich auch steuerlich anerkannt werden. Dabei bedarf es einer individuellen Detailwürdigung der rechtlichen und steuerrechtlichen Implikationen auf Basis des konkreten Einzelfalls.
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